Nach dem am gestrigen Tag bereits „Werbung“ auf verschiedenen Radiosendern gelaufen ist wurde heute mitgeteilt, dass durch einen Beschluss des Zulassungsausschusses der Kassenärztlichen Vereinigung am Dienstag eine „Neuniederlassung in der Medibus Region positiv beschieden wurde“ und somit der Medibus endgültig Geschichte ist!
Das bedeutet in einer anderen Lesart…..Ein Arzt wurde in Nentershausen bewilligt und der übernimmt das Inventar des Medibus - ein Schelm, der einen Zusammenhang hierbei vermutet… (nachzulesen in der morgigen Ausgabe der Werra-Rundschau).
Wer wirklich Interesse an der Entwicklung und dem Ende des Medibus hat, möge bitte diesen Artikel bis zum Ende und teilweise auch zwischen den Zeilen von mir als betroffenen Bürgermeister der Gemeinde Weißenborn lesen…
Ein kurzer Blick zurück - dieses nachfolgende „Statement“ habe ich 1:1 auf Nachfrage der Werra-Rundschau am heutigen Tag um 16:18 Uhr per Mail an die Redaktion geleitet - das Ergebnis ist in der morgigen Ausgabe auf Seite 2 zu lesen:
Seit Juli 2018 fuhr der Medibus als moderne Arztpraxis unter anderem auch die kleinste Gemeinde Hessens in wöchentlicher Regelmäßigkeit an. Eine tolle Ergänzung zu den immer mehr schwindenden oder überlasteten Hausarztpraxen auf dem Land. Ein gutes Angebot vor Ort vor allem für die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Hätte es von der Bevölkerung besser genutzt werden müssen? Hätten die Patientenzahlen höher sein müssen? Als Projekt gestartet, als Projekt die letzten zwei Jahre nochmal verlängert und nun zum Jahresende aus Kostengründen oder wegen der Verbesserung der Arztversorgung doch nach 6 Jahren eingestellt. Waren die Kosten zu Beginn anders kalkuliert oder hat man sich etwas anderes versprochen? Es bleibt ein Geheimnis der Verantwortlichen, die selbstverständlich alles versucht haben, um die ärztliche Versorgung auf bessere Beine zu stellen. Leider bleibt erneut aus meiner Sicht eine Unterversorgung in unserer ländlichen Region, die wie bisher durch die Arztpraxen im Ringgau, Eschwege, Wanfried und Thüringen aufgefangen werden müssen. Nach aktuellen Informationen werden keine neuen Patienten mehr in der Landarztpraxis Hünermund in Netra aufgenommen – soviel zur Überversorgung.
Eine nicht einfach zu lösende Aufgabe, die gerne als weiteres kommunales Feld den Gemeinden überlassen wird. Hier muss auch das Land und der Bund sowie die Kassenärztliche Vereinigung in die Verantwortung genommen werden, in dem bessere Anreize für junge Ärztinnen und Ärzte geschaffen werden, bürokratische Hürden abgeschafft werden, verkrustete Strukturen aufgebrochen werden, die Malus Regelung für Ärzte angepasst werden und nicht zuletzt sollte der Numerus clausus überdacht werden.
Das Landarztprogramm vom Land Hessen scheint dafür der richtige Ansatz zu sein. Das sind jedoch alles Ideen und Änderungsansätze, die uns mit dem Medibus nicht mehr helfen werden. Trotzdem sage ich herzlichen Dank an alle Beteiligte, die sich für den Medibus eingesetzt haben und im Besonderen denen, die im Medibus für die Patientinnen und Patienten da waren.
Glückwunsch nach Sontra und Nentershausen, die nach langer Suche und unter großen Anstrengungen endlich eine Besetzung des iGVZ (interkommunale Gesundheitsversorgungszentrum) durch Hausärzte erreichen konnten. Ich hoffe, es werden auch dauerhafte Lösungen sein.
Vielleicht gibt es ja nach der Beendigung der rollenden Arztpraxis zum Ende diesen Jahres neue Ideen und Umsetzungsstrategien mit Hilfe der Kassenärztlichen Vereinigung für eine bessere ärztliche Versorgung in Hessens kleinster Gemeinde. In Weißenborn ist bereits durch Personalmangel der Medibus eingestellt worden und wird wohl auch nicht mehr bis zum 31.12. zum Einsatz kommen. Selbstverständlich werden wir als Kommune alles in unserer Macht tun, jedoch werden wir es alleine nicht schaffen können und sind mind. auf die Hilfe der Landesregierung angewiesen, die im Koalitionsvertrag großen Wert auf die Unterstützung der ländlichen Region und im Besonderen bei der ärztlichen Versorgungen vereinbart und niedergeschrieben hat.
Und nun bitte den Artikel in der WR vergleichen…..(hier als Anlage beigefügt)
Nicht unerwähnt möchte ich lassen….
… dass Frau Nancy Faser als Ministerpräsidentenbewerberin der SPD zum damaligen „Wahlkampfbesuch“ direkt in Weißenborn vor dem Medibus lautstark verkündet hat „wenn ich in der Verantwortung stehe, werde ich mich für den Erhalt des Medibus einsetzen“ , (sie ist zwar keine MP geworden, jedoch ist die SPD in der Regierungsverantwortung und es ist aktiv im Koalitionsvertrag niedergeschrieben - siehe Seite 89 des Koa-Vertrages),
…dass die beteiligten Bürgermeister Kollegen und die Bgm. Kollegin Anfang Februar 2024 gemeinsam nach Frankfurt zur Kassenärztlichen Vereinigung gefahren sind (wie immer müssen wir „Landeier“ zur Metropole fahren - Vier sind gefahren um Zwei zu besuchen) und dort wurden wurden wir vom Stellv. Vorsitzenden der KV mit folgenden Worten empfangen (nicht im O-Ton, jedoch passend wiedergegeben) „Ich kann sowieso nicht verstehen, dass ein Arzt zu Ihnen aufs Land kommt - da gibt es nichts und hier bei uns ist alles vor der Haustür“ - welch genehme Art und Weise sich auf Augenhöhe und mit einem gemeinsamen Ziel zu begegnen…
Weiterhin ist zu erwähnen, dass brandaktuell die Landarztpraxis Hünermund aus Netra (meine eigene Hausarztpraxis - ich bin sehr zufrieden!) laut Instagram KEINE neuen Patienten mehr aufnimmt und sich ausschließlich um die Bestandspatienten kümmern kann. Parallel dazu, wird eine „Zweigpraxis“ in Sontra eröffnet und eine Ärztin aus der Praxis aus Netra wird „abgezogen oder geht aus freien Stücken“ und wirkt zusammen mit einem „Mitte 60`iger“ - (man möge es mir verzeihen - ich kenne den Herrn Doktor und kann ihn sehr gut leiden) am neuen „Arztsitz in Sontra. Eine weitere Ärztin übernimmt zum 01.10.2024 eine vakante Praxis in Sontra…
…und schon ist laut der damaligen Feststellung der KV Hessen aus einer „ärztlichen Unterversorgung mit 54%“ ein „Versorgungsgrad von über 90%“ geworden….
Man möge mir mit meinen Zeilen verzeihen - oder auch nicht - ich sehe „den Erfolg bei der ärztlichen Versorgung in unserer Region“ etwas anders als in den Pressemitteilungen und Webebotschaften verkündet - aber alle wissen wir, dass die Situation und das Erreichte grundsätzlich aus dem Auge des Betrachters gesehen wird. Daher freue ich mich (und das meine ich ehrlich!) für die Kollegen, wo sich eine tatsächliche Verbesserung der ärztlichen Situation ergeben hat. Was ich nicht recht leiden kann ist, dass man sich auf „seltsame“ Fakten beruft und die eigentliche Situation verkennt und sich trotzdem in seinen (vermeintlich) erreichten Zielen maßlos überschätzt - und da meine ich NICHT meine Bgm. Kollegin und Kollegen.
Selbstverständlich überschätze ich auch nicht unsere Situation oder unsere Lage in dem gesamten Gesundheitsapparat - auch ich bin kein Phantast (aber ein kleiner Visionär) - und würde mich freuen, wenn eine einfache und zumindest rudimentäre Versorgung über den 31.12.2024 hinaus stattfinden wird - eine Sattelitenpraxis, eine Gemeindeschwester oder was auch immer…
Wir werden als Gemeinde an diesem wichtigen Thema dranbleiben (müssen), denn Unterstützung von Bund, Land oder KV ist wohl nach diesen 6 Jahren Medibus-Erfahrung mehr „Schein als Sein“…aber trotzdem nicht wegzudenken und weiterhin wichtig…
Mit unzufriedenen und trotzdem relativ dankbaren Grüßen zur ärztlichen Versorgung…
Bürgermeister Thomas Mäurer